„1Q84 (Buch 1 & 2)“ von Haruki Murakami (Rezension)

„Seine Beredsamkeit war wie eine Art intellektuelles Vorspiel. Mit den mathematischen Funktionen streichelte er ihnen sanft den Rücken, mit den Lehrsätzen hauchte er ihnen warmen Atem ins Ohr.“(Kap. 22)

1. Klappentext

Aomame ist knapp 30, Geschäftsfrau und auf dem Weg zu einem wichtigen Termin. Zu Beginn von Haruki Murakamis Roman 1Q84 sitzt sie in einem Taxi auf der Tokioter Stadtautobahn im Stau. Im Radio läuft eine Sinfonie, die ihr merkwürdiger Weise bekannt vorkommt, und merkwürdig ist auch der Rat, den der nicht minder merkwürdige Taxifahrer ihr mit auf den Weg gibt: Um nicht zu spät zu kommen, solle sie doch einfach aussteigen und verbotenerweise über eine Wendeltreppe die Hochstraße verlassen. Aomame folgt dem Rat – und findet sich plötzlich in einem Paralleluniversum wieder, in dem sie brutale Männer mordet und in dem zwei Monde am Himmel stehen. Aus 1984 ist das Jahr 1Q84 geworden.

Tengo, 30, ist die zweite Hauptfigur in Murakamis Roman. Er ist Mathematiklehrer und ein erfolgloser Schriftsteller, der plötzlich den Auftrag erhält, das Buch einer jungen Autorin mit dem seltsamen Titel „Die Puppe aus Luft“ literarisch so zu manipulieren, dass es einen Literaturpreis erhält. Im Buch ist von rätselhaften Wesen (den „Little People“) die Rede, die es wirklich zu geben scheint – und die mit einer gewalttätigen Sekte zu tun haben, deren Führer wiederum Aomame töten will. Vieles hängt zusammen in Murakamis 1Q84 – schon allein deshalb, weil Aomame und Tengo jeweils die große Liebe des anderen waren, bevor sie sich aus den Augen verloren haben. Und vieles driftet immer wieder auseinander …

2. Gesprochen von David Nathan

David Nathan

https://www.youtube.com/watch?v=vteq1jZ_lwY

ist mein Lieblingssprecher. Er ist die deutsche Stimme von Christian Bale, Johnny Depp und Paul Walker. Viele kennen David Nathan auch von Steven King’s, Lovecraft’s oder Haruki Murakami’s Hörbücher. Andere kennen und schätzen seine Stimme, wegen „Ready Player One“, dem „Fluch der Karibik“ oder der „Faith van Helsing“-Reihe.

Hier findet ihr meine Rezension zu „Naoko’s Lächeln“ von Haruki Murakami, gesprochen von David Nathan.

3. Zum Inhalt

Die Handlung besteht aus zwei Handlungssträngen. Der Leser begleitet abwechselnd die zwei Protagonisten Aomame und Tengo im Alltag. Die zwei Charaktere kannten sich als Kinder und schenkten einander das Gefühl des Verstandenwerdens und der Nähe.

Der Roman 1Q84 handelt zwanzig Jahre später von den, den Kinderschuhen entwachsenen Protagonisten. Ziel ist das Wiedersehen der Beiden. Allerdings braucht der Leser mindestens zweitausend Seiten Geduld und Lesefreude, denn das Treffen der Beiden findet erst im dritten Band statt. Haruki Murakami gibt uns viel Zeit, nachzuvollziehen, warum Aomame und Tengo zwanzig Jahre später an diesem Punkt sind.

Und genau hier erkennt man den genialen Sprecher David Nathan, der uns viele geschriebene Seiten hören lässt über unfassbare Brutalität von Männern gegen Frauen und Missbrauch von Kindern, ohne dass wir uns vor Ekel übergeben, sondern wir rechtfertigen Aomame’s Morde, weil Männer, die so viel Leid über andere Bringen, es verdient haben.

Wie schon in Naoko’s Lächeln wird auch hier Selbstmord als letzte Willensentscheidung thematisiert. Japan hat eine sehr hohe Selbstmordrate, siehe Wikipedia. Das sollte man bei der Interpretation der Parallelwelt nicht aus den Augen verlieren. Zum einen die reale Welt, zum anderen die Parallelwelt, in der der Charakter ganz er selbst sein kann, oder wie Aomame, die Vergewaltiger und Päderasten durch Selbstjustiz richten kann.

5/5 Punkten

4. Protagonisten

Aomame ist eine Fitnesstrainerin bzw. eine Auftragskillerin, die der Leser auf dem Weg zu ihrem nächsten Opfer kennenlernt.

Parallel dazu wird die Geschichte des Autors und Mathematikers Tengo erzählt, der einer 17-jährigen Frau zum Bestseller verhilft.

Und dies geschieht in der Parallelwelt, die an zwei Monden zu erkennen ist. Hier gibt es die Little People, eine Art Sekte, mit einer Art Guru, den die Althippies in den 68er Jahren vergessen haben.

Durch den Bruch der Realität oder die Erschaffung eines Portals, das die Protagonisten benutzen können und der Leser sich immer wieder vergewissern muss, in welcher Realität der Geschichte er sich befindet, geht es mir genau wie bei Kafka’s „Das Schloß“. Der Landvermesser läuft immer nur geradeaus um am Beginn zu landen. Naturgesetze werden außer Kraft gesetzt. Die Erde wird von zwei Monden begleitet. Dinge lösen sich im Nichts auf.

Unser Gehirn weist uns auf die Fehler hin, aber Haruki Murakamis virtuose Fähigkeit mit Worten umzugehen und die sonore warme Stimme David Nathans lässt uns das „Unlogische“ freudig annehmen und begeistert zuhören.

5. Sprachliche Gestaltung

Der Autor wechselt die Perspektiven von Aomame und Tengo. Dadurch sieht der Leser sozusagen Just in Time, in welche Richtung sich die beiden Protagonisten bewegen. Zueinander hin oder voneinander weg?

5/5 Punkten

6. Cover und äußere Erscheinung

„1Q84 (Buch 1 & 2)“ von Haruki Murakami ist als herunterladbare Audio-Datei am 04.07.2012 unter der ISBN B008HHNZB4 bei Lübbe Audio im Genre Fantasy und ist Teil des BookBeat Angebotes, das monatlich 14,99 € kostet.

Bei Audible kostet es als Abonnent 9,99, als Audio-CD bei Amazon 16,99 €.

5/5 Punkten

7. BookBeat

Das Hörerlebnis auf Bookbeat ist bis auf die immer noch fehlende Kapiteleinteilung genauso gut wie bei Audible. Aber bei einem dreißig-stunden-langen Hörbuch, wäre es schön, wenn man direkt auf bestimmte Kapitel zugreifen kann.

8. Fazit

Haruki Murakami jongliert mit Worten, Betonungen und Konnotationen. Es ist ein Erlebnis sich seiner Schreibkraft zu öffnen. Aber das bekommt man als Leser nicht geschenkt. Der Autor lässt dem Leser Zeit, ihn zu verstehen. Aber als Leser musst du Haruki Murakami auch Zeit lassen, ihn ausreden lassen! Es dauert eben, solange es braucht. Murakami entschleunigt den Leser.

Ich vergebe insgesamt 5/5 Punkten.


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Connie Ruoff

Mein Name ist Connie Ruoff, ich bin 1960 geboren, habe Philosophie und Germanistik studiert. Damit mir zu Hause nicht langweilig wird, studiere ich"Bloggen professionell gemacht" in der Fernakademie. Ich lese alles, was ich finden kann.

1 Kommentar zu „„1Q84 (Buch 1 & 2)“ von Haruki Murakami, auf BookBeat“

  1. Pingback: Naokos Lächeln | Haruki Murakami | SCHREIBBLOGG 2020

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