Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten

Zum Inhalt „Menschen in finsteren Zeiten“ von Hannah Arendt

Das zwanzigste Jahrhundert hat viele Kriege, ethnische Verfolgungen, Diskriminierungen, Guerilla-Kriege und die Atombombe gesehen. Und deren Auswirkungen waren Tod, Leid und der Versuch zu überleben und mit dem Gesehenen klarzukommen. Diese Grenzsituationen (ein Begriff, den Jaspers geprägt hat) bringen den Menschen an seine Grenzen. Somit ist der Name gut gewählt. In „Menschen in finsteren Zeiten“ von Hannah Arendt kommen unterschiedliche Menschen in Grenzsituationen zu Wort.

Wie gehen Künstler, vor allem schreibende Künstler, damit um. Wurde ihr Schaffen davon geprägt? Hannah Arendt und die Herausgeberin Ursula Ludz zeigen uns, anhand von Originaltexten, ein Porträt dieser finsteren Zeit.

Diese Sammlung zeitgenössischer Essays wurde 1968 unter dem Titel „Men in Dark Times“ in englischer Sprache herausgegeben.

Hannah Arendt ermutigt den Einzelnen, Position zu beziehen. Eines ihrer Lieblingszitate lautet:

„Wie Lassalle sagte, ist und bleibt die revolutionärste Tat, immer das laut zu sagen, was ist.“

Madeleine Thien, vom Goethe-Institut in Montreal hat hierzu eine sehr schöne Rezension geschrieben.

Vorgestellt werden in „Menschen in finsteren Zeiten“:

Es werden Texte von Menschen bzw. Kollegen von Hannah Arendt, die bis auf Gotthold Ephraim Lessing, in diesen Zeiten gelebt haben, herausgehoben und vorgestellt.

Gotthold Ephraim Lessing

Obwohl er kein Zeitgenosse Hannah Arendts war, passt er hervorragend dazu.

Rosa Luxemburg

Heinrich Blücher, Hannah Arendts zweiter Mann, hatte zusammen mit Rosa Luxemburg während der deutschen Revolution in Berlin gekämpft.

Angelo Giuseppe Roncalli

Papst Johannes XXIII hat als Priester im Ersten Weltkrieg als Sanitäter gekämpft. Er kannte die „finsteren Zeiten“. Er hat den Krieg verabscheut. Am 27. April 2014 wurde er von Papst Franziskus heiliggesprochen.

Karl Jaspers

Hannah Arendt hat 1928 bei Karl Jaspers über „Der Liebesbegriff bei Augustin“ promoviert. Die Philosophin war zeitlebens mit dem Ehepaar Jaspers eng befreundet. Hierüber existieren zahlreiche Briefdokumente.

Isak Dinesen

Wer kennt Tanja Blixen nicht nach diesem herausragenden Film, der Teile ihres Lebens erzählt: „Jenseits von Afrika“?

Hermann Broch

Hannah Arendt und Hermann Broch lernten sich 1946 kennen und waren bis zu seinem Tod 1951 befreundet. Auch hierüber existieren viele Briefe, die einen Diskurs über die Zeit, die Philosophie und private Beziehungen bzw. Probleme zeigen.

Martin Heidegger

1924 studierte Hannah Arendt ein Jahr Philosophie bei Martin Heidegger. Die beiden hatten eine Affäre, die Hannah dazu bewegte den Studienort zu wechseln und nach Marburg (Karl Jaspers) zu verlagern. Während Hannah Heidegger als Philosophen sehr schätze, war sie menschlich von ihm zutiefst enttäuscht. Er war 1933 der NSDAP beigetreten. Sie bezeichnete es als eine „Entfremdung von Feinden“.

Walter Benjamin

Walter Benjamin und Hannah Arendt waren zusammen im Pariser Exil. Hannah Arendt war später die Herausgeberin seiner Werke.

Bertolt Brecht

https://www.youtube.com/watch?v=m2rCM09ougk

Besser lässt sich der Einfluss dieser „finsteren Zeiten“ als in dem Gedicht „An die Nachgeborenen“ nicht zeigen. „Gedenkt unserer mit Nachsicht!“

Fazit zu „Menschen in finsteren Zeiten“ von Hannah Arendt

Die Essays sind Zeitdokumente, die mich nachhaltig beeinflusst haben und beeinflussen. Ihnen allen ist der Schrei nach Menschlichkeit in finsteren Zeiten gemeinsam. Jeder der Zeitgenossen hat seine Erfahrungen anders verarbeitet, doch keiner konnte sich wirklich vom Grauen dieser Zeit freimachen.

Wen Geschichte im Focus des einzelnen Menschen und dessen Alltag interessiert, ist hier genau richtig. Diese Zeitdokumente haben einen unschätzbaren Wert.

Ich danke Piper und NetGalleyDE für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

Ich vergebe insgesamt 5/5 Punkten.


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Rezension zu „Wie ich einmal ohne dich leben soll, mag ich mir nicht vorstellen“ von Hannah Arendt

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Connie Ruoff

3 Kommentare zu „„Menschen in finsteren Zeiten“ von Hannah Arendt (Rezension)“

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