Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

Liebe Rosemarie,

vielen Dank, dass du uns heute ein wenig von dir und deinen Büchern erzählst und wir dich besser kennenlernen dürfen!

1) Du bist promovierte Biologin, Pressesprecherin der Mörderischen Schwestern, Wissenschaftsjournalistin, Beiratsmitglied in der „Deutschen Umweltstiftung“, Sachbuchautorin und noch vieles mehr, wozu ich dir einige Fragen stellen möchte.
Ich stellte als erstes mir selbst die Fragen: Welche Frage stelle ich dir zuerst? Und Was beeindruckt mich am stärksten?
Deine Vielfalt ist beeindruckend. Du hast einige Sach- bzw. Lehrbücher im Bereich Mathematik, Evolution, Kosmologie und moderner Physik veröffentlicht. Aber auch im Bereich Medizin und Wellness bist du tätig.

Wie kam es dazu?

Physik für Besserwisser - Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

Das war im Grunde ein zufälliges, ein glückliches Zusammentreffen verschiedener Ereignisse.

Geschrieben habe ich ja schon immer gerne. Zu Hause lagen einige Geschichten in meiner „berühmten“ Schublade. Beruflich wurden mir gerne Texte zu Sachthemen, Pressemitteilungen, u.a.m. anvertraut.

Als dann mein Sohn zur Welt kam, suchte ich nach einer Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten. Dazu schien eine Arbeit mit Schreiben gerade prädestiniert zu sein, doch wollte ich natürlich keine Briefe abtippen oder ähnliche Büroarbeiten. 

Die erste Möglichkeit dazu ergab sich relativ bald durch meine beruflichen Kontakte: Ich konnte für eine medizinische Fachzeitschrift zu wichtigen Publikationen Zusammenfassungen auf deutsch verfassen.

Einige Zeit später fielen mir wie durch eine glückliche Fügung zwei passende Anzeigen in die Hände. Bei der ersten suchte ein Verlag Sachbuchautoren für eine neue Leporello-Ratgeberreihe, die so ziemlich alle Themen umfassen sollte, bei der zweiten suchte  eine Agentur Autoren für Sach- und Lehrbücher. Meine Bewerbungen führten schnell zum Erfolg, für den Verlag schrieb ich vier Leporello-Ratgeber (einen zur Haltung von Meerschweinchen) –  bei der Agentur wurde ich in die Kartei aufgenommen und schon bald flatterte mir auch von denen der erste Auftrag zu: Ein Kapitel über Trigonometrie in einem Mathebuch für die 10. Klasse. Meine erste richtige Buchveröffentlichung ist also ein Mathebuch.

Weitere Aufträge von der Agentur folgten und so entstanden die Bücher zu Evolution, Physik und Kosmologie sowie ein Hunde-Ernährungsratgeber. In dieser Zeit begann ich auch mit den Netzwerken, fand neue Kontakte und weitere Aufträge: Artikel, Broschüren, Infomaterial für Fortbildungen, Redaktion von Sach- und Fachbüchern u.a.m.

Diese Sachbücher und Artikel zu schreiben macht mir nicht nur Spaß – sie erhalten mir meine Verbindung zu meinem erlernten Beruf als Diplom-Biologin –  sie bringen auch Abwechslung und tragen außerdem einen wesentlichen Teil zu meinem Lebensunterhalt bei.

2) Aber du schreibst nicht nur Fach- und Sach- oder Lehrbücher, sondern bist auch noch in weiteren Genres fleißig mit dabei. Liebe Rosemarie, du hast eine kriminelle Ader und gehörst du den „Mörderischen Schwestern“. Man kann „Ladies Crime Night“ buchen und besuchen. Möchtest du uns ein wenig über die Schwestern und das Event erzählen? Wie darf ich mir das vorstellen? Seit wann bist du bei den Schwestern?

Tilly und Mordusa - Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

Die Mörderischen Schwerstern sind mit mehr als 500 Mitgliedern europaweit der größte Verein deutschsprachiger Krimiautorinnen. Sie teilen sich bundesweit sowie in der Schweiz und in Österreich in regionale Gruppen mit mehr oder weniger regelmäßigen Treffen auf. Dieser Verein dient der Förderung krimischreibender Frauen aus dem deutschsprachigen Gebiet und ist inzwischen als gemeinnützig anerkannt. Gefördert wird über Mentoring, Stipendium, Information, Fortbildung und vieles mehr.

Ich bin 2013 zu den Mörderischen Schwestern gestoßen, eine befreundete Autorin hat mich zu einem Regionaltreffen mitgenommen. Und ich war gleich so überzeugt von den Mitgliedern, deren Tun und Engagement, dass ich direkt eingetreten bin.

Die Ladies Crime Night ist ein besonderes Lesungsevent – die Lesung mit dem Schuss –  das die Mörderischen Schwestern erdacht haben. Dabei lesen immer mehrere Schwestern, manchmal sogar, zehn oder zwölf genau sechs Minuten, denn dann holt ein „Schuss“ sie von der Bühne. Die Autorinnen und die Bühne tragen schwarz-rote „Schwesterntracht“, wobei die Autorinnen diese zwanglos selbst zusammenstellen, für die Bühne bringen die Schwestern die Deko jeweils mit. Ebenso den „Schuss“. Allein durch diesen Ablauf entsteht eine ganz besondere Lesungsatmosphäre, die häufig durch Musik und kulinarische Schmankerl weiter aufgewertet wird und der Zuhörer hat Gelegenheit an einem Abend mehrere Krimiautorinnen kennenzulernen und auch deren Bücher zu erwerben.

3) Warum gefällt dir das Genre Krimi und Thriller?.

Interview mit rosemarie benke-bursian

Eine Antwort ist: Ich liebe spannende Geschichten, solche, die Nervenkitzel bereiten, bei denen man mitfiebern kann. Dazu gehören natürlich vor allem Krimis. Ich mag aber auch das Rätselhafte, das zum Mitdenken einlädt und das lässt sich in Krimis ebenfalls gut umsetzen.

In Krimis können außerdem soziale, politische und gesellschaftskritische Aspekte auf spannende aber dadurch auch auf besonders eindringliche Form in den Fokus gerückt werden. Genau dieser Punkt hat einst den Schwedenkrimis ihren Boom beschert und längst ist auch in Deutschland der Krimi das Genre, in dem in hohem Maße Gesellschaftskritik geübt wird.

Der Krimi ist weiterhin geradezu prädestiniert dafür, sich mit der Psyche, der Motivation und den Handlungen von verschiedenen Menschen auseinanderzusetzen. Warum wird ein Mensch zum Verbrecher, was hat ihn böse werden lassen, wann kam dieser Punkt, an dem es keine Zurück für ihn mehr gab? Der Krimi beschäftigt sich mit den tiefen Emotionen, Sehnsüchten und  und auch Abgründen der menschlichen Seele, sucht nach Erklärungen, Antworten und nicht zuletzt nach Lösungen für ein friedliches Zusammenleben, für ein gutes soziales Miteinander, für eine bessere Gesellschaft. Themen, die unseren Alltag bestimmen.

Und nicht zuletzt freut es mich, wenn ich auf unterhaltsame Art Neues erfahre oder etwas dazu lernen kann und auch das ist in Krimis möglich, da sie in den unterschiedlichen Milieus, Berufsfeldern, Kulturen und Regionen spielen und dabei eine Vielfalt an Themen aufgreifen können. 

Lauter viele Möglichkeiten, einen Krimi zu einer unterhaltsamen, spannenden und tiefschichtigen Lektüre  zu machen.

Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

4) Wenn man deine rosemarie-benke-bursian.de besucht, findet man Vorträge, wie „Todesfälle, die wie Morde aussehen“ oder Artikel, wie „Forensische Entomologie“ oder Rechtsmedizin, Artikel, die du in der leider nicht mehr aufgelegten „TextArt“ veröffentlicht hast. Viele dieser Beiträge helfen Schreibneulingen, wie mir weiter. Und damit komme ich zu meinem nächsten Punkt: Du leitest eine Schreibwerkstatt. Dabei arbeitest du nicht nur mit Kindern oder Jugendlichen sondern auch mit Erwachsenen. Und wer, so wie du gerne in der Natur und sportlich ist, kann mit dir Wandern und Schreiben oder einen Schreibspaziergang durch deine Heimatstadt Tutzing machen.
Du vermittelst Dein Wissen gerne weiter. Was gibt dir das?

Sein Wissen und Können weiterzugeben ist, glaube ich, eine tief verwurzelte Eigenschaft, die nicht nur die mehr oder weniger Menschen antreibt, sondern auch im Tierreich weit verbreitet ist. 

Ganz persönlich gehöre ich sicher zu denen, die es mehr antreibt. Weil ich mich gerne über das austausche, was mich selbst interessiert – und weitergeben ist ja auch immer mit Austausch verbunden – und je tiefer ich selbst in ein Thema eingedrungen bin, um so mehr reizt es mich, das nicht einfach alles nur für mich zu behalten. Daher macht es mir auch großen Spaß all diese Sachbücher zu schreiben.

Und selbst wenn ich die größere Erfahrung habe, die größeren Kenntnisse besitze, lerne ich immer noch dazu. Bei den Büchern, aber auch im Gespräch mit anderen durch die Recherche, den Anspruch, mich verständlich auszudrücken, durch Rückfragen und durch andere Meinungen, Ansichten, Erfahrungen. Es ist bereichernd und zu sehen, dass andere etwas von mir gelernt haben, gerade bei den Kindern deren Fortschritte und ihre Freude darüber zu sehen, ist einfach beglückend. Der intensive Kontakt mit Kindern ist zudem ausgesprochen hilfreich für das Schreiben von Kindergeschichten.

Schließlich habe ich selbst schon so viel Hilfe erfahren, dass ich auch deshalb gerne etwas zurückgebe, an die, die jetzt meine Hilfe gebrauchen können.

5) In den letzten Tagen durfte ich „15 Tage“, ein Buch, das in der Schreibwerkstatt, in Zusammenarbeit  mit Jonas Höbenreich und Veronika Otto entstand, rezensieren.
Die Charaktere sind sehr ausgefeilt und authentisch entworfen, oder besser: Der Leser hat das Gefühl, die Figuren zu kennen.
Wie seid ihr beim Schreiben vorgegangen? Habt ihr vor dem eigentlichen Schreiben, den Roman durch bzw. habt ihr zuerst geplottet oder nach Gefühl geschrieben?

In dem Fall sind wir tatsächlich etwas schreibwerkstattmäßig vorgegangen und zwar hatte ich Kärtchen mit Figuren vorbereitet und eines zum Plot. Dann haben wir alle Teilnehmer – ursprünglich waren dabei vier Jugendliche beteiligt – ein Kärtchen gezogen und jeder für sich dann in groben Zügen den Charakter und den Plot entworfen. Allerdings für einen Kurzkrimi, der es mal werden sollte. Als der Krimi immer länger wurde, haben wir uns sowohl die Figuren als auch den Plot noch mal vorgenommen, denn nun galt es allem noch mehr Fleisch zu geben und dabei wurden auch viele ursprüngliche Ideen wieder verworfen und wir mussten das bereits Geschriebene dadurch dann noch einige Male anpassen bzw. umschreiben.

Da es in diesem Fall ja auch darum ging, die Jugendlichen in den Prozess mit einzubinden, war ein einfaches Schreiben nach Gefühl natürlich kaum möglich. Dennoch sind sie im Laufe des Romans immer „lebendiger“ geworden, dass ich mich beim „Vorschreiben“ doch von ihnen / meinem Bauchgefühl haben lenken lassen können.

6) Behältst du diese Vorgehensweise auch, wenn du alleine schreibst?

Das kommt ganz darauf an, was ich gerade schreibe, und wie sehr sich die Idee schon im Kopf strukturiert hat.

In der Regel skizziere ich für mich einen groben Ablauf. Bei längeren Geschichten skizziere ich aber separat auch die Figuren. Dabei bleibt eigentlich immer noch eine ganze Menge offen, was sich dann beim Schreiben erst richtig entwickelt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Bauch da eine sehr gute Übersicht hat, manchmal besser als mein Kopf. So ist es schon einige Male vorgekommen, dass ich in der Mitte oder gegen Ende einer Geschichte an eine Stelle kam, die nur dadurch sinnvoll weiter geschrieben werden konnte, weil ich zuvor etwas beschrieben oder erwähnt hatte, was dort nicht essentiell erschien, mich nun aber rettete oder zu einer Wendung beitrug, die ich sonst nicht hätte herleiten können.

Dennoch plane ich immer wieder auch. Sei es, dass ich zu einem vorgegeben Thema eine gute Idee / einen guten Plot brauche, sei es, dass ich in einer Geschichte hänge  oder sei es, dass ich das Gefühl habe, irgendetwas ist unrund. Dann setzte ich mich hin und gehe ganz methodisch vor.

Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

7) Du bist auch mit Leidenschaft Kinderbuchautorin. Worin unterscheidet sich das „Kinderbuch-Schreiben“ vom Schreiben für Erwachsene?

Emil mit den vielen Füßen - Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

Von Maxim Gorki stammt der geniale Satz: „Für Kinder sollte man schreiben wie für Erwachsene –  nur besser.“ Genial ist der Satz, weil er genau auf den Punkt bringt, was den Unterschied ausmacht.

So wenig wie man Kinder einfach wie unfertige Erwachsene behandeln darf, so wenig darf man für Kinder die Geschichten einfach nur ein bisschen simpler und anspruchsloser schreiben.

Kinder haben ihre eigene Sprache, ihr eigenes Verständnis und das ändert sich von Altersgruppe zu Altersgruppe. Ich muss Kinder dort abholen, wo sie stehen, sie ernst nehmen in all ihren Ängsten, Bedürfnissen und Ansichten ohne belehrend bzw. von oben herab zu schreiben. Sonst erreiche ich sie gar nicht erst. Kinder sind da gnadenloser als Erwachsene. Wenn ihnen ein Buch nicht gefällt, dann lesen sie es nicht, schmeißen es in die Ecke und sagen das auch mal lauthals in einer Lesung.

Lesungen vor Kindern öffnen die Augen, denn sie täuschen kein Interesse vor, sondern werden unruhig, spielen mit dem Handy, gähnen den Autor an oder unterhalten sich untereinander, wenn ein Buch langweilig ist. Sie lachen nicht, wenn sie es nicht witzig finden, bleiben ungerührt, wenn der spannende Teil sie nicht mitreißt und sie führen auch keine Höflichkeitsgespräche, sondern stürmen mit neu erwachter Lebendigkeit aus dem Raum, wenn Buch und Autor nicht überzeugt haben.

Andererseits nehmen Bücher, welche die Kinder begeistern, auch immer Einfluss auf deren Denken, Wissen, Wertevorstellungen und Handeln. Damit kommt Kinderbuchautoren eine große Verantwortung zu, denn was Kinder aus Bücher mitnehmen bestimmt immer auch ein bisschen mit, wie sie unsere Zukunft gestalten.

Wer für Kinder schreibt muss außerdem humorvoll schreiben. Humorlose Kinderbücher werden nicht angenommen. Und Humor bedeutet gerade nicht, billige Witze einfließen zu lassen. Spannend zu schreiben kann man handwerklich lernen, humorvoll zu schreiben ist dagegen nur bedingt erlernbar. Das hat viel mit Spontanität und Lebensfreude zu tun kurzum mit der inneren Haltung des Autors zu tun. Er muss die mögliche humorvolle Komponente spüren bzw. erahnen nicht einfach ausdenken.

Eine ganz andere Hürde, die sich Kinderbuchautoren stellt, ist, dass der Autor, bevor ein Kind das Buch überhaupt in die Hand bekommt, nicht nur den Verlag überzeugen muss, sondern auch noch die Eltern, Großeltern, Tanten und andere Erwachsene mehr. Wobei deren Geschmack und Erwartung an ein Buch nicht automatisch der gleiche ist, wie der der Kinder.

8) Der aufmerksame Leser findet dich auch unter Literatur Radio Bayern und kann Lesungen deiner kriminellen Werke genießen!  Wie kam es dazu?

dunkel wars - Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

Das ist einer der vielen wertvollen Kontakte, die über Umwege entstanden sind.

Über das Schreiben und weil ich nach Autorenkontakten gesucht habe, habe ich unter anderem auch zum jährlichen Autorentreffen in Nürnberg gefunden, bin dort regelmäßig hin und habe dadurch einige sehr enge Kontakte zu Autorenkollegen geknüpft. Eine Kollegin hatte damit geliebäugelt, den bereits erwähnten „Mörderischen Schwestern“ beizutreten und weil dieser Verein auch mich interessierte, beschlossen wir zusammen zu einem der nächsten Treffen zu gehen. Ich wurde Mitglied und zwei Jahre später Pressesprecherin. Kurz darauf wurde bei einem Regionaltreffen das Literatur Radio Bayern vorgestellt und eine möglich Zusammenarbeit stand im Raum. Als Pressesprecherin übernahm ich dann die weiteren Gespräche und die Planung, und lernte so Uwe Kullnick, dem Betreiber des Radios kennen, mit dem ich noch heute in Kontakt stehe.

Eine meiner besten Entscheidungen im Laufe meines Schreibprozesses war, nicht (mehr) allein im stillen Kämmerlein vor mich hin zu schreiben, sondern mich mit anderen AutorenkollegInnen und anderen Interessenten aus der Buchbranche und Literatur zu verbinden. Nicht nur über die Netzwerke, sondern ganz persönlich vor Ort bei Treffen, Seminaren, Buchmessen und Co.

So erhält man wertvolle Tipps, Kontakte und Unterstützung, manchmal auch aus einer Ecke, aus der man das gar nicht vermutet hätte.

9) Bei meiner Recherche zu deiner Person, las ich, dass du für ein Pharmaunternehmen als Produktmanagerin tätig warst. Kannst du deine Erfahrungen aus dem PR-Bereich für dein aktuelles Betätigungsfeld übernehmen?

Auf jeden Fall. Schon, dass sich meine Einstellung zum Thema Marketing und Werbung als notwendiges aber auch spannendes Mittel, um sich sichtbar zu machen, geändert hat, ist  eine große Hilfe. Denn wer mit Scheu an die Vermarktung seines Buches daran geht, wird wenig Erfolg haben. Wer andere von sich überzeugen möchte, muss erst einmal selbst von sich überzeugt sein. Was nicht heißt, dass man marktschreierisch auftreten muss. Das ist auf dem Hamburger Fischmarkt unterhaltsam, darüber hinaus wird es schnell lästig.

In der Pharmabranche habe ich viele Strategien kennengelernt, wobei für mich immer im Vordergrund stand, durch Argumente und Inhalte zu überzeugen, nicht zu überreden. Diese Gratwanderung, vor allem die eigene Zielgruppe auf sich aufmerksam zu machen, ohne Hinz und Kunz zu belästigen, ist die hohe Kunst des Marketing und das kann auch Spaß machen. Aber eigentlich ist es auch ein Fulltimejob, der keine Zeit zum Schreiben lässt. Und so muss man vor allem auch diese Abstriche aushalten, die man machen muss, um sich nicht zu verzetteln.

Doch als Autor in Kleinverlagen kommt man genauso wenig darum herum, sich selbst zu engagieren, wie als Selfpublisher. Zum Glück macht es mir grundsätzlich Spaß. Und auch das verdanke ich meiner Zeit in der Pharmabranche.

Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

10) Möchtest du uns von deinem nächsten also aktuellem Projekt erzählen? Woran schreibst du?

Würde ich, wenn ich mir darüber im Klaren wäre, was genau das nächste Projekt ist. Zum einen sitze ich derzeit an einem Kunstbuch, das ich noch nicht fertig gestaltet habe, da der Verlag den ich hatte, sich davon zurückgezogen hat. Damit war erst einmal die Luft raus, doch da es fast fertig ist, möchte ich es jetzt doch fertig stellen und suche daher jetzt wieder intensiver nach einem neuen Verlag und dann ist es noch mal ein ganzes Stück Arbeit.

Neben meinem Krimi ist gerade auch ein Kinderbuch von mir als Neuauflage erschienen, weshalb ich gerade eigentlich zwei Marketing-Fulltimejobs habe, weshalb ich auch noch zögere, schon mit einem neuen Buch zu beginnen.

Zumal ein weiteres Kinderbuch eigentlich „nur“ noch einmal überarbeitet werden müsste, um dann ebenfalls als Neuauflage an den Start zu gehen.

Dennoch werde ich gerade unruhig und muss wohl doch wieder anfangen zu schreiben und habe mir da auch bereits zwei Projekte hingelegt, die ich schon mal grob geplottet hatte. Das eine ist ein neuer Kriminalroman, das andere ein Kinderkrimi. Die Entscheidung muss ich noch fällen, sitze aber schon in den Startlöchern, um beide grob zu skizzieren. Und dann mal sehen, wo es schneller funzt.

11) Hast du ein schreibendes Vorbild?

Da ich ja in den verschiedenen Genres schreibe, bietet sich ein einziges Vorbild gar nicht erst wirklich an.

Aber selbst auf das Genre bezogen, lasse mich eher von ganz vielen Autoren inspirieren, weil es immer nur Teile sind, die ich als Anregung für mich verwerte. Das kann das Thema sein, aber auch eine bestimmte Szene oder besondere Formulierungen und das wechselt auch, ständig. Ich könnte viele Autoren nennen, die mir auf meinem Weg zum Autorendasein imponiert haben. Vor allem diverse Klassiker wie Hermann Hesse, Antoine de Saint-Exupery u.a.m. Aber meist ist es eben nicht das gesamte Werk der jeweiligen Autoren, sondern nur ein Buch, oder sehr wenige, die mich faszinieren und für eine Weile vielleicht auch mein Schreiben beeinflussen.

Doch grundsätzlich möchte ich vor allem nicht wie jemand anderes schreiben, sondern nur wie ich. In meinem eigenen Stil.

12) Was liest du selbst gerne?

Sachbücher und Zeitschriften vor allem aus dem naturwissenschaftlichen Bereich aber auch gerne über Schreibthemen und gesellschaftlich aktuelle Themen. Dazu natürlich Krimis, aber auch Kinderbücher, Fantasy, Gesellschaftsromane, historische Romane und auch mal einen heiteren Unterhaltungsroman, vor allem, wenn er mir empfohlen wurde.

Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

13) Findest du, dass Schriftsteller einen gesellschaftlichen Auftrag haben, wenn ja, welche Botschaft möchtest du weitergeben?

Dr. Rosemarie Behnke-Bursian

Eine gute Frage. Gesellschaftlicher Auftrag und Botschaft hört sich sehr ehrenhaft und anspruchsvoll an und ist sicherlich eine Komponente, die beim Schreiben von Büchern eine Rolle spielt.

Andererseits glaube ich, dass Bücher durchaus der Unterhaltung dienen sollten und ganz zweckfrei geschrieben werden können. Bücher, die uns einfach nur zum Lachen bringen, für einen Moment die Welt und alle Mühen des Alltags vergessen lassen. Aber vielleicht ist ja auch das ein gesellschaftlicher Auftrag, denn mit solchen Büchern kann der Leser auftanken, sich entspannen und damit wieder fit für den Alltagsstress machen.

Darüber hinaus bleibt es glaube ich gar nicht aus, dass auch in Unterhaltungsgeschichten die Werte und Botschaften durchschimmern, die im Autor selbst stecken und je tiefschürfender ein Roman ist, um so mehr werden solche Werte auch sichtbar: Wird Gewalt als Mittel der Wahl akzeptiert? Wird der Behinderte Wird das Auslachen eines behinderten Jungen in der Geschichte akzeptiert? Usw. usf.

Hier haben insbesondere Kinderbuchautoren einen Auftrag, wie ich meine. Aber eben nicht erkennbar und mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern im Rahmen einer Geschichte, in der dies ganz natürlich erscheint.

Werte und Botschaften können auch Krimis vermitteln. Und ich würde gerade auch Krimiautoren gerne den Auftrag geben, verantwortungsbewusst mit ihrem Thema umzugehen. Ich denke, es ist ein schlechter Einfluss, wenn in Krimis, Kripobeamte sich gewaltbereit zeigen, um einen (vermeintlichen) Täter einzuschüchtern, an Beweise zu kommen und Beweise auf illegalen Wegen beschaffen. Sicher kann das in einem Satire-Humor-Krimi, der deutlich sichtbar mit Übertreibungen arbeitet, auch mal witzig sein. Doch derzeit habe ich den Eindruck, dass diese Sorte Ermittler zum Prototypen im Krimigenre aufgestiegen sind und damit auf mehr oder weniger subtile Art, Gewalt und illegales Handeln gesellschaftsfähig machen. Man muss nur auf der vermeintlich guten Seite stehen, dann darf man alles. Und wer permanent solche Botschaften über Bücher und Geschichten verbreitet, befeuert solches Tun im Alltag.

Und ja, was die potentiell negativen Auswirkungen anbelangt, meine ich, haben Autoren eine Verantwortung und damit vielleicht auch einen gesellschaftlichen Auftrag.

14) Du bist äußerst fleißig und aktiv. Aber das ist noch nicht alles! Dazu kommt:
Du schreibst, lektorierst, redigierst und rezensierst Bücher.
GhostWriting.
Du bist Beiratsmitglied bei der Deutschen Umweltstiftung. Betreust Deinen Garten und gibst dazu auch Tips!
In deiner Vita kann man lesen, dass du bei der Deutschen Krebsforschung promoviert hast. Du schreibst Ratgeber im Wellness, Gesundheit und medizinischen Bereich.
Respekt! Wie bekommst du das Alles unter einen Hut?

Du hast mein Tischtennis vergessen, das mich nicht nur als Spielerin vereinnahmt, sondern auch als Jugendtrainerin und Abteilungsleiterin beansprucht.

Und ich sage mal, es ist nicht zuletzt mein Sport, der mir richtig viel Energie gibt, alles andere unter einen Hut zu bringen. Der Garten ist ebenfalls eine Quelle der Freude und Inspiration. Bei der Gartenarbeit ist mir schon so manche gute Idee gekommen.

Wobei es mir auch gar nicht immer gelingt, alles unter einen Hut zu bringen. Da gibt es immer wieder Tage, wo ich delegieren und Abstriche machen muss. Termine verschieben, den Garten überwuchern lassen oder auch mal etwas absagen muss.

Aber in Wahrheit ist es ja so, dass diese vielen Aufgaben eher selten alle auf einmal auf der Matte stehen. Ich lektoriere oder redigiere, wenn ich gerade Luft habe und nicht schreibe bzw. keinen Termindruck beim Schreiben habe. Und eine Ghostwriting-Aufgabe ist eine Schreibaufgabe, die ich wie jede andere behandle, wobei ich z.B. Sachbücher / Artikel gut neben einer Geschichte schreiben kann.

Doch da Gute daran ist, dass sich die diversen Aufgaben gegenseitig bereichern. Für mich gilt das jedenfalls, sonst würde ich wohl auch das eine oder andere schon aufgegeben haben. Sicher hat es mich daran gehindert, mich als die Krimiautorin, die Kinderbuchautorin oder die Spezialistin für Evolution zu etablieren und wird vielleicht auch nicht passieren. Aber es gehört zu meinem Werdegang bzw. zu mir, dass ich all diese Aufgaben liebe und keine missen möchte. Dass ich mein Leben als spannend empfinde, mir meine Arbeit nach wie vor Freude macht und ich mich nicht in irgendeiner (Schreib-)Routine verliere.

Interview mit Rosemarie Benke-Bursian

15) Das waren meine Fragen. Möchtest Du noch einige Worte an deine Leserschaft richten?

Jetzt habe ich so viel erzählt, dass ich jedem Danke sage, der bis hierher gelesen hat. Es freut mich, wenn ich euch mit meinen Antworten unterhalten und vielleicht auch zum Nachdenken bringen konnte oder wenn andere sich sogar davon inspirieren lassen.

Und natürlich freue ich mich ganz besonders, wenn ich euch neugierig auf meine Bücher machen konnte, so dass ihr jetzt das eine oder andere lesen wollt.

Und wer noch mehr über mich erfahren möchte oder fragen an mich hat, über meine Webseite kann jeder mit mir Kontakt aufnehmen, ich beantworte alles außer Spam.

Vielen Dank liebe Rosemarie, für deine Bereitschaft Connies Schreibblogg, einige Fragen zu beantworten.

 Und ich danke dir, liebe Connie für deine auch für mich spannenden Fragen!

Rezension von 15 Tage

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Connie Ruoff

Mein Name ist Connie Ruoff, ich bin 1960 geboren, habe Philosophie und Germanistik studiert. Damit mir zu Hause nicht langweilig wird, studiere ich"Bloggen professionell gemacht" in der Fernakademie. Ich lese alles, was ich finden kann.

1 Kommentar zu „Interview mit Rosemarie Benke-Bursian vom 2. Juli 2018“

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