Herzlich Willkommen im Schreibblogg, Dorothe Reimann

Liebe Dorothe Reimann, vielen Dank, dass du uns heute ein wenig von dir und deinen Büchern erzählst und wir dich besser kennenlernen dürfen.

Interview mit Dorothe Reimann

1. Ich habe 2019 „Elegie des großen Krieges“ und gerade „Mannaz – die Sippe“ gelesen. Beide Bücher gefallen mir. Aber du hast ja noch mehr geschrieben. Möchtest du uns, bevor wir auf „Mannaz“ eingehen, sagen, was du alles geschrieben hast.

Ich habe mit Kurzgeschichten angefangen. Meine erste Veröffentlichung war in einer Anthologie mit dem Namen: Mütter.

Danach habe ich noch mehrere Kurzgeschichten in anderen Anthos veröffentlicht, bevor ich mich an ein erstes größeres Projekt herangetraut habe.

In meinen Kurzgeschichten geht es oft um die verdrehte Seele des Menschen, etwas, das mich immer interessiert hat. Warum tun Leute, was sie tun? Wie konnte es dazu kommen?

Interview Dorothe Reimann - 5. Juli 2023

2. „Mannaz“ hattest du mir als Urban Fantasy beschrieben. Das stimmt natürlich, trotzdem ist es nicht das, was man allgemein in diesem Genre erwarten würde. Was hat dich dazu inspiriert?

Weiterlesen: Interview mit Dorothe Reimann (01.07.2023)

Immer wieder versuchen Menschen, die durch gewisse Umstände verbunden sind, in einer Gemeinschaft zusammenzuleben. Sei es ihr Glaube, ihre Anschauung, was auch immer.

Ein Beispiel, bei dem es ordentlich schief gegangen ist, ist ja bekannt: Waco, Texas. Und ich habe mich gefragt: wie würde das in Deutschland ablaufen? Das war der Ursprung der Idee.

Viele meiner Freunde sind in der Mittelalterszene unterwegs, einige davon, unter anderem mein bester Freund, ist Heide. Einer, der an die alten Götter glaubt, sie ehrt. Und dann änderte ich meine Idee. Eine Gruppe Menschen, die sich verstehen, die meisten denselben Glauben verfolgen, sich umeinander kümmern wollen, wie in einer Sippe von damals. Zusammen, als Gemeinschaft. Welche Probleme wird das geben? Und wenn ich von einem magischen Weltbild ausgehe, welches ja in jedem Glauben erforderlich ist (und das ist nicht abwertend gemeint, keineswegs!), was kann noch geschehen? Greifen die Götter ein, wenn sie dem Projekt wohlgesonnen sind?

3. „Mannaz“ soll, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, eine Serie werden.

Wieviel Bände hast du geplant?

Das ist eine spannende Frage. Ehrlich gesagt, habe ich gar keine Fortsetzung geplant. Doch nun hat es bereits mehrere Fragen danach gegeben, sodass ich da wirklich noch einmal in mich gehen werde … warten wir es ab. So viele Projekte, so wenig Zeit!

4. Deine Protagonistin Bärbel bzw. Alfdis ist geistig behindert. Gleichzeitig scheint es so, als ob sie mit den Göttern im Bunde ist, oder ihr Sprachrohr ist. Das finde einen sehr schönen Gedanken.

Was hat dich dazu veranlasst, liebe Dorothe Reimann?

Das ist etwas, das mich schon sehr lange umtreibt. Behinderte, oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen, sind ein Teil unserer Gesellschaft. Punkt. Da gibt es nichts zu kritteln oder zu deuteln, denn es ist einfach so.

Aber wir alle wissen, das ist ein frommer Wunsch. Denn angefangen über öffentlichen Nahverkehr, Verkehr im Allgemeinen, Teilhabe, und nicht zuletzt Behinderteneinrichtungen, Abrechnungsverfahren und Beihilfen, ist exakt nichts einfach für jemanden, der in irgendeiner Art und Weise „anders“ ist, als die Gesellschaft ihn oder sie „braucht“. Jene, die nicht in das System passen, fallen oft durch die großen Löcher des Netzes, das sie eigentlich auffangen soll. Und auch das ist schon – sagen wir mal- nicht richtig. Denn alle sollen miteinander überall alles machen können.

Diese Antwort ist lang geworden, entschuldige. Aber ich kann mich da wirklich drüber auslassen, was falsch läuft. Und ich möchte in Mannaz zeigen, dass Alfdis zwar eine Behinderung hat, aber dass ohne sie die Gemeinschaft einfach eine andere wäre.

5. Im Fokus des Buches steht „Das Leben wie die Altvorderen“? Würdest du selbst gerne so leben?

Ich bin ehrlich: In manchen Situationen denke ich, dass diese Lebensweise, trotz all ihrer Probleme und Schwierigkeiten durchaus ihre Vorzüge hätte. Man arbeitet für sich und seine Gesippen, die Kinder wachsen in Freiheit auf, die sie in einer Zweizimmerwohnung vielleicht nicht haben, … aber dann denke ich: Holla, willst du auf all die Annehmlichkeiten verzichten, die das „normale“ Leben bietet?

Ich glaube, ich wäre persönlich nicht mutig genug. Aber das ist eben das Problem, nein, die Herausforderung: Als einzelner ist man oft nicht mutig genug, als Gruppe könnte so etwas klappen.

Eine Leserin schrieb mir, und das fand ich bezaubernd: „Genau das ist es, was ich schon immer machen wollte!“

6. In deiner Kurzvita im Buch las ich, dass du als „Jünger der Schwarzen Kunst arbeitest. Was darf ich darunter verstehen?

Ich bin Druckerin. Wenn ein Drucker seine Ausbildung vollendet hat, wird er gegautscht. Das ist eine sehr trinkfreudige Veranstaltung, die mit Ritualen einhergeht, die sich seit Gutenbergs Zeiten erhalten haben. Diese Menschen dürfen sich dann Jünger der schwarzen Kunst nennen. Die schwarze Kunst war früher der Sammelbegriff für Buchdrucker und Schriftsetzer. Bis heute gibt es dieses Ritual.

7. Liebe Dorothe Reimann, warum schreibst du?

Die Frage stelle ich mir oft selbst. Sind zu viele Dinge in meinem Kopf, die ich loswerden muss? Will ich den Menschen eine schöne Zeit bescheren(bei meinen sonstigen Geschichten wohl eher nicht, lach)? Oder ist es alles zusammen?

Ich glaube, ich verarbeite meine Gedanken im Schreiben. Gerade bei der Elegie war es so. Das Thema musste im wahrsten Sinne des Wortes „abgearbeitet“ werden. Und das habe ich getan. Mit der Novelle und mit einigen Kurzgeschichten, die man auf meiner Autorenseite nachlesen kann wie zum Beispiel Eibenlicht

8. Wie gehst du beim Schreiben vor? Planst du vor dem eigentlichen Schreiben, den Roman durch bzw. plottest du zuerst, oder schreibst du eher nach Gefühl?

Ich plotte. Und ich bin so dreist, zu behaupten, jeder tut das, allerdings oft nur im Kopf. Die Geschichte ist da, und dann kommt das Kleinteilige, die Personen, die genaue Handlung. Ich selbst schreibe den Plot auf, setze erstmal Kapitel an, und dann geht es los.

Und so leid es mir tut, ich gehöre nicht zu den Autoren, bei denen die Protagonisten auf dem Sofa sitzen und einfach ganz andere Dinge tun, als sie sollten. Ich hab sie schließlich erfunden.

9. Was liest du selbst gerne?

Hui. Das ist ein weites Feld. Es wird dich vielleicht schockieren, aber eigentlich ist alles dabei: Von Karl May bis Tolstoi, Kai Meyer bis zu Tolkien und so weiter. Biographien genauso wie Kriegsbücher, Fantasy und Science Fiction.

10. Welches Buch hat dich am meisten beeindruckt?

-Oh, Drama! (An dieser Stelle lehnt sich die Autorin zurück, legt die Hand dramatisch über die Augen und seufzt). Man fragt mich nach meinem Lieblingsbuch! Was soll ich sagen? Wen soll ich vor den Kopf stoßen, weil ich seins nicht genannt habe?

Nun, tatsächlich ist mein alltime Favourite die Schachnovelle von Stefan Zweig. Ich habe selten ein in sich dichteres Buch gelesen, ohne jeglichen Schnickschnack.

11. Liebe Dorothe Reimann, vielen Dank für Deine Geduld! Das waren meine Fragen. Möchtest Du noch einige Worte an deine Leserschaft richten?

Ich bedanke mich sehr für die Möglichkeiten, den Leser:innen Einblicke in meine Schreiberei und meinen Geisteszustand geben zu dürfen. Was wünsche ich mir? Lest Connies Blog, das lohnt sich!

Seid, was ihr wollt, oder was ihr aus euch machen könnt! Lest! Lest soviel, wie ihr könnt!

Vielen Dank für deine Bereitschaft, Connies Schreibblogg einige Fragen zu beantworten. Das war das Autoreninterview mit Dorothe Reimann.

Weiterführende Links

Rezension „Mannaz“ von Dorothe Reimann

Rezension „Elegie des Großen Krieges“ von Dorothe Reimann

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Connie Ruoff

Mein Name ist Connie Ruoff, ich bin 1960 geboren, habe Philosophie und Germanistik studiert. Damit mir zu Hause nicht langweilig wird, studiere ich"Bloggen professionell gemacht" in der Fernakademie. Ich lese alles, was ich finden kann.

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