vom 15.08.2018

Lieber Peter,

vielen Dank, dass du uns heute ein wenig von dir und deinen Büchern erzählst und wir dich besser kennenlernen dürfen! Interview mit Peter Starck:

  • Vor einigen Monaten habe ich „Kha, der Anfang“ rezensiert. Die Geschichte eines Jungen in der Steinzeit.

    Besonders gut hat mir gefallen, dass du den Lesern zeigst, dass das normale Leben in der Steinzeit, andere Herausforderungen stellt, als unseres. Wenn man die Welt einmal aus diesem einem Blickpunkt betrachtet, reduziert sich alles auf das wirklich Wichtige.

    Warum übt die Steinzeit eine so große Faszination auf dich aus?
Kha der Anfang

Ich habe zu danken, Connie! Für einen Selfpublisher ohne Verlag im Rücken ist es ja eher schwierig, Blogger für sein Buch zu interessieren, von der klassischen Presse mal ganz abgesehen. Deswegen habe ich mich wirklich sehr über Deine positive Rezension gefreut. Und über diese Interviewgelegenheit natürlich auch.

 

Es stimmt schon, dass das Leben in der Steinzeit andere Herausforderungen stellte, aber sofern die Menschen damals in eine Gruppe, einen Klan, eine Sippe eingebunden waren, der über ausreichendes Wissen und Techniken verfügte, dann war es doch vielleicht gar nicht so schwer. Außer eben, man war auf sich allein gestellt in der Wildnis. Sonst war das Leben offensichtlich überhaupt nicht auf das Wesentliche reduziert, wenn man mal davon ausgeht, dass damit Essen, Trinken, Sex, Familie und ein sorgenfreies Leben gemeint ist. Die Menschen befassten sich damals durchaus schon mit anderen, vielleicht unnützen Dingen wie Körperschmuck, Höhlenmalereien, Elfenbeinschnitzereien und Religion.

Vielleicht haben sie sich auch schon mit einfachen Mitteln mit Medizin und Wissenschaft befasst. Zumindest weiß man, dass sie gebrochene Gliedmaßen versorgt haben oder die heilende Wirkung von Pflanzen kannten. Aber man weiß eben nicht hundertprozentig, wie sich alles genau damit verhielt, in welchem Rahmen Erkenntnisse gewonnen wurden und wie weit die Kenntnisse unserer Vorfahren reichten. Dafür hat man leider zu wenig archäologische Hinweise und natürlich überhaupt keine schriftlichen Belege. Auf der anderen Seite eröffnet das einen riesigen Raum von Tausenden von Jahren für Spekulationen und Gedankenspiele.

Die Geschichte von Kha, war mein erster Ausflug in die Welt der Paleo Romane. Woher hast du das Wissen darüber? Die Jagdszene mit den Mammuts schilderst du sehr anschaulich. In dieser Szene hatte ich das Gefühl das Blut zu riechen und die Grausamkeit, die hier Grundlage zum Überleben ist, zu spüren.

Ich habe über einen langen Zeitraum hinweg einfach alles aufgesogen, was es zu diesem Thema zu finden gab, in erster Linie Bücher, Filme und Fernsehsendungen. Ich liebe vor allem Fernsehdokumentationen zu dem Thema, weil da immer wieder Infos enthalten sind, die man nicht in Büchern findet. Ich bin aber tatsächlich auch ein bisschen rumgereist, habe Höhlen auf der Schwäbischen Alb besucht, im Süden Spaniens und in Südafrika. Natürlich auch Museen. Und ich habe mich selbst im Speerwurf versucht, mit und ohne Schleuder, und habe mir zeigen lassen, wie schnell man mit Pyrit und einem Feuerstein ein Lagerfeuer hinbekommt. Überhaupt kein Problem mit ein bisschen Übung.

Irgendwie bin ich in meinem Leben immer wieder leitmotivisch mit dem Thema Steinzeit in Berührung bekommen. Als Kind war ich immer fasziniert, wenn es zu Besuch ins Neandertal ging, wo mich besonders die nachgezüchteten Auerochsen und die Statue des Neandertalers beeindruckt haben. Als 10-Jähriger habe ich dann mit Begeisterung den Film „Am Anfang war das Feuer“ gesehen und vor ein paar Jahren habe ich dann begonnen, mich eingehender mit Höhlenmalerei zu beschäftigen.

16 9 kha der anfang

Was die Höhlenmalerei betrifft, habe ich mich mit den ganzen Theorien zu ihrer Entstehung beschäftigt, wobei die überzeugendste von dem südafrikanischen Wissenschaftler David Lewis-Williams stammt, die auch stark in das Buch eingeflossen ist. Und dann bin ich tatsächlich auch nochmal zurück an die Uni, denn praktischerweise hielt in einem Hörsaal circa 100 Meter von meiner Wohnung entfernt der Direktor des Neandertalmuseums ein Semester lang eine Vorlesung zum Thema Höhlenmalerei.

Insgesamt kommt da schon einiges zusammen. Wobei das anfangs aber auch gar nichts mit dem Buch zu tun hatte, dieses ganze Thema interessierte mich einfach. Und letztlich sind 90 Prozent davon gar nicht explizit in den Roman eingeflossen, aber insgesamt habe ich dadurch allgemein ein Gefühl bekommen, wie es gewesen sein könnte.

  • Was hat dich zu diesem Roman veranlasst?

Ich wollte schon immer mal einen Roman schreiben, habe aber nie die Zeit dafür gefunden, weil ich einen festen Job hatte, der mich zu stark vereinnahmt hat. Dann habe ich diese Arbeitsstelle glücklicherweise verloren und hatte auf einmal, zumindest vorübergehend, Zeit satt. Das Thema lag dann nahe, weil ich mich schon so viel damit beschäftigt und auch lose eine Geschichte im Kopf hatte.

  • Planst du deine Romane vor dem Schreiben? Plottest du oder schreibst du einfach los?

Bei mir ist es eher so, dass ich eine Weile mit den Ideen schwanger gehe, bevor ich irgendetwas aufschreibe. Manchmal notiere ich dann eine Idee für eine Szene, dann wieder einen Einfall für eine Figur. Bevor ich mit Kha losgelegt habe, habe ich sogar auch mal eine Zeichnung seines Heimatortes hingekritzelt, um beim Schreiben den Überblick zu behalten. Aber das ist alles so sporadisch, dass ich das nicht als Plotten bezeichnen mag. Es ist ohnehin so wie mit dem Hunger, der beim Essen kommt: Die besten Ideen kommen beim Schreiben.

Klar, es sind nicht immer gute Ideen, die dann kommen, aber das ist erstmal egal. Es ist wirklich wichtig, erst einmal zu schreiben. Wenn man nur überlegt und sich nicht dransetzt, kommt man zu nichts. Wenn schon einmal was auf Papier bzw. auf dem Bildschirm steht, hat man ein Gerüst, an dem man sich entlanghangeln kann und das mit jedem Durchgang stabiler wird. „Kha – Der Anfang“ habe ich ungefähr 15-mal überarbeitet. Aber das finde ich ok, es ist schön zu merken, wie es von Mal zu Mal besser wird.

  • Wie entwirfst du deine Charaktere?

Ich hatte nur so eine grobe Vorstellung von den Hauptcharakteren. Die Züge der Nebenfiguren ergeben sich dann so nach und nach aus ihren Reaktionen auf die Handlung. Mit dem Entwurf ist das sowieso so eine Sache. Mir schwebte insgesamt so etwas wie ein Simplicissimus der Steinzeit vor. Aber als ich dann so schrieb, stellte ich fest, dass Kha zu Beginn doch nicht ganz so dumm sein darf wie der Simplex aus dem 30-jährigen Krieg. Also habe ich ihn ein bisschen reflektierter gestaltet.

  • Ist „Kha, der Anfang“ dein Debütroman?

Ja, das ist er. Ich habe zwar schon Diverses geschrieben, aber das ist nicht der Rede wert und soll auch keinesfalls veröffentlicht werden.

  • Möchtest du uns von deinem nächsten also aktuellem Projekt erzählen? Woran schreibst du?

Das ist weder ein Geheimnis noch eine Überraschung: Ich arbeite zurzeit an der Fortsetzung. Natürlich möchte ich aber nicht zu viel darüber erzählen, denn daraus ergäbe sich jetzt das Ende des ersten Teils. Nur so viel: Kha muss weiterreisen und lernt dabei wieder viele interessante Menschen kennen, begeht wie gehabt Dummheiten, lernt aber andererseits auch viel dazu, was ihm dann im dritten Teil sehr zugutekommen wird.

Allerdings habe ich noch ein weiteres, völlig anderes Projekt im Hinterkopf, das überhaupt nichts mit der Steinzeit zu tun hat, sondern bei dem es um einen utopischen Roman geht.

  • Hast du ein schreibendes Vorbild?

Vorbild würde ich nun nicht sagen, aber es gibt sicher einige Autoren, die meinen Vorstellungen vom Schreiben sehr entgegenkommen. Speziell für Kha ist das William Golding, der Autor von „Herr der Fliegen“, der einen Steinzeitroman namens „Die Erben“ geschrieben hat. Daraus habe ich übrigens den Namen Oa übernommen, bei Golding die Bezeichnung für eine weibliche Gottheit, das schien mir passend. Dieses Buch, „Die Erben“ ist ein schönes Beispiel dafür, dass Kunst und Wissenschaft nicht Hand in Hand gehen müssen. Ich glaube, es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass Golding keinen blassen Schimmer von der Steinzeit hatte. Dahingehend äußert er sich sogar selbst im Vorwort des Buches. Und trotzdem schildert er das Zusammentreffen zwischen Homo sapiens und Neandertalern so intensiv und ideenreich, dass der Realitätsgehalt keine Rolle mehr spielt.

Außerdem gefällt mir der lakonische Tonfall eines Wolf Haas, an den ich denke, wenn etwas zu pathetisch zu geraten droht.

  • Was liest du selbst gerne?

Ich fürchte, in letzter Zeit lese ich nur noch Krimis, weil ich für die Arbeit – ich bin eigentlich Übersetzer – immer schon so schwieriges Zeugs lesen muss. Ich verschlinge die Berlinkrimis von Volker Kutscher und Susanne Goga, die Brenner-Krimis von Haas sind leider alle schon verschlungen. Davor hatte ich eine Phase mit zeitgenössischen amerikanischen Autoren: Philip Roth, Jeffrey Eugenides, Siri Hustvedt, Jonathan Franzen.

  • Findest du, dass Schriftsteller einen gesellschaftlichen Auftrag haben, wenn ja, welche Botschaft möchtest du weitergeben?

Ich sehe es eher kritisch, wenn dieser Anspruch an einen Schriftsteller herangetragen wird. Ich fände es schwierig und einengend, wenn ich beim Schreiben einen wie auch immer gearteten gesellschaftlichen Auftrag im Blick haben müsste. Anderen mag das anders gehen, und das ist auch okay so. Das ist eben die Freiheit der Kunst. Soll jeder machen, wie er meint. Aber auch, wenn man sich nicht einem gesellschaftlichen Auftrag verpflichtet fühlt, kann man natürlich nicht verhindern, dass ein Buch eine Aussage oder eine Botschaft hat. Aber die ist nicht unbedingt explizit formuliert oder sollte es nicht sein, sondern sich aus dem Inhalt ergeben. Das kann dann auch im Nachhinein für den Autor selbst überraschend sein.

  • Das waren meine Fragen. Möchtest Du noch einige Worte an deine Leserschaft richten?

Meinen Lesern kann ich nur danke dafür sagen, dass sie mein Buch trotz der mangelnden Öffentlichkeit gefunden und sogar gekauft haben. Es ist zwar kein Bestseller, aber unter diesen Umständen hätte ich kaum damit gerechnet, dass es mehr als ein paar Familienangehörige, Freunde und Bekannte kaufen. Das ist schon eine sehr gute Motivation für die Fortsetzung, die dann hoffentlich genauso gut aufgenommen werden wird oder vielleicht noch besser.

Vielen Dank lieber Peter, für deine Bereitschaft, Connies Schreibblogg einige Fragen zu beantworten.

Rezension von Kha

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Connie Ruoff

Mein Name ist Connie Ruoff, ich bin 1960 geboren, habe Philosophie und Germanistik studiert. Damit mir zu Hause nicht langweilig wird, studiere ich"Bloggen professionell gemacht" in der Fernakademie. Ich lese alles, was ich finden kann.

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