Buchvorstellung „Abels Vermächtnis“

Im Jahre 2080 ist der gesamte Süden Europas eine Wüstenregion. Nur wenige Menschen besiedeln das Gebiet und fristen dort ein armseliges Dasein. Der Norden riegelt sich ab und beutet die verarmten Süd- und Südosteuropäer aus.

Die Genmedi Corporation entwickelt aus menschlichen embryonalen Stammzellen Medizin gegen Diabetes, Rheuma und Leukämie. Um ausreichend Embryonen zu erhalten, werden die Frauen mehr schlecht als recht dafür bezahlt, dass sie ihren Körper für die Produktion von Eizellen zur Verfügung stellen. Für die meisten Familien ist es die einzige Einnahmequelle.

Der musisch begabte Abel wächst in einer privilegierten, reichen Familie in Berlin auf. Er möchte Pianist werden, doch sein Vater, Direktor der Genmedi Corporation, hat andere Ziele für ihn vorgesehen. Er zwingt den Jungen, auf seine Musik zu verzichten und BWL zu studieren und bei Genmedi einzusteigen. Mehrfach rebelliert Abel, doch letztendlich resigniert er und versucht, den Erwartungen seines Vaters zu entsprechen.

Als er nach dem Studium seine Tätigkeit bei der Genmedi aufnimmt, ist es eine seiner ersten eigenverantwortlichen Aufgaben, die Produktionsstätten in Spanien zu bereisen. Dort erlebt er, wie schwierig das Leben für die Menschen ist und wie sehr seine korrupte Firma die Familien ausbeutet. Er beschließt, die fast sklavenähnlichen Bedingungen, unter denen die Leute dort dahinvegetieren, aufzudecken und die Beteiligung der Genmedi an diesen Zuständen publik zu machen, ohne zu ahnen, in welche Gefahr er sich bringt. Wird es ihm gelingen, den Menschen zu helfen?

Zur Autorin Aileen o’Grian

Wer schon auf meinem Blog gestöbert hat, hat vielleicht schon Rezensionen von Aileen o’Grian gelesen. Ich habe von der Autorin rezensiert:

Rowan – Kampf gegen die Drachen

Rowan – die Verteidigung der Felsenburg

Interview mit Annette Paul und Ratte Prinz

Ratte Prinz im Weihnachtsbaum

Zum Inhalt – Darf Wissenschaft und deren Vermarktung jenseits von Gut und Böse stehen?

„Abels Vermächtnis“ von Aileen o’Grian ist eine Dystopie, die sehr realistisch wirkt und durchaus vorstellbar ist. Europa hat sich in den letzten 60 Jahren, wahrscheinlich auch wegen des Klimawandels, sehr verändert. Die Schere zwischen arm und reich hat sich noch weiter geöffnet. Südeuropa ist kaum noch bewohnbar.

Genmedi ist ein Pharmakonzern, der aus embryonalen Stammzellen Medikamente entwickelt. Um über genügend Embryonen zu verfügen, werden in Südeuropa „Produktionsstätten“ errichtet. Dort werden den Frauen die Embryonen entnommen. Im Gegenzug erhalten die Frauen Geld, Nahrung und eine medizinische Grundversorgung. Das ist oftmals für die Familie die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen.

Abel, der Sohn des Direktors von Genmedi, gibt auf Drängen seines Vaters, seine eigenen Träume auf und fängt bei Genmedi an. Er wird auf seiner Dienstreise mit den wirklichen Lebensumständen der Spenderinnen und der fehlenden Moral des Konzerns konfrontiert.

Er fühlt eine Schuld gegenüber den Opfern der Firmenpolitik und deren kriminellen Machenschaften.

Erst allmählich erkennt Abel, in welcher Gefahr er sich durch seine Recherchen befindet. Er versucht, seine Unterlagen – die Beweise – gut abzusichern, dass diese, falls er stirbt, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.

Beim Lesen erschrak ich, weil ich befürchte, dass uns eine entsprechende Zukunft vielleicht, näher ist, als wir denken.

Wird es eine Zeit geben, in der nur die Reichen leben und die Armen nur noch versuchen, zu überleben? 

In den letzten Jahren stellte man sich öfter die Frage, muss Wissenschaft moralisch sein?

Wer kann sich in hundert Jahren noch leisten, gesund zu sein?

Gibt es für uns nur dann Gesundheit und ein glückliches Leben, wenn jemand dafür bezahlt, so wie im vorliegenden Fall, die armen Länder Europas und die Spenderinnen?

Der Nobelpreis wurde aus dem Schuldbewusstsein Alfred Nobels heraus ausgelobt. In der Wissenschaft gibt und gab es immer Forschungen, deren Errungenschaft auch mit einem Schuldgefühl einherging. Auch die Atombombe gehört dazu.

Die Supermacht Wissenschaft wird uns zukünftig dazu sicherlich noch einige janusköpfige Erkenntnisse bescheren, die ethisch nicht einfach zu bewerten sein mögen.

5/5 Punkten

Protagonisten „Abels Vermächtnis“

Abel erkennt, dass Medicon keine moralische oder ethische Grundhaltung hat. Abel möchte etwas wieder gutmachen, das die Direktoren des Pharmakonzerns durch ihre Geschäftspraktiken verschuldet haben.

Darf Wissenschaft amoralisch sein? Wissenschaft und die Vermarktung der Erkenntnisse steht auf der einen Seite, auf der anderen Seite stehen Ethik und Moral.

Ich wurde nicht so recht warm mit Abel. Er war mir zu wenig leidenschaftlich. Deshalb ziehe ich hier einen Punkt ab.

4/5 Punkten

Sprachliche Gestaltung

Aileen o’Grian schildert die Geschichte aus Abels Blickwinkel. Obwohl der Leser durch die Wortwahl des Titels, ja schon weiß, wie es endet, bangt man mit, erkennt aber auch, dass es aussichtslos ist, als einzelner Mensch gegen den Konzern bestehen zu können. Dennoch hat Abel sein Ziel erreicht.

Ich fand den Plot sehr spannend und habe die 250 Seiten auf einmal gelesen. Der Leser steht ja auf Abels Seite und möchte, dass die Recherchen an die Öffentlichkeit gelangen.

5/5 Punkten

Cover und äußere Erscheinung „Abels Vermächtnis“


Abels Vermächtnis
Aileen O’Grian 
E-Buch Text: 241 Seiten
Erschienen bei null, 07.07.2018
ISBN B07FBYL8TZ
Genre: Sonstiges

4/5 Punkten

Fazit

Das Setting finde ich faszinierend und vorstellbar. Aileen o’Grian hat das Szenario gut inszeniert.

Abel war mir zu beherrscht, wobei das natürlich auch zu seinem Wesenszug gehört. Er hat sein Innerstes immer verborgen. Er versuchte immer, den Ansprüchen seines Vaters zu genügen.

Eine Dystopie die den Leser nachdenklich zurück lässt. Medizin für Reiche aus den Leibern der Armen!

@Aileen o’Grian: Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

Ich vergebe insgesamt 4,5/5 Punkten.


Wohin?

Facebookseite der Autorin

„Zwei Königinnen“ von Magret Kindermann

„Augustine – in den Schuhen der anderen“ von Isabella Maria Kern



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Connie Ruoff

Mein Name ist Connie Ruoff, ich bin 1960 geboren, habe Philosophie und Germanistik studiert. Damit mir zu Hause nicht langweilig wird, studiere ich"Bloggen professionell gemacht" in der Fernakademie. Ich lese alles, was ich finden kann.

4 Kommentare zu „„Abels Vermächtnis“ von Aileen o’Grian (Rezension)“

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