Wie weit gehen wir Für die Liebe?
Ulrich Woelk zeigt in „Für ein Leben“ am Schicksal zweier Frauen, Nikisha und Lu, wie komplex und schwierig Leben und vor allem ein erfülltes Leben sein können.
Zusammenfassung/Inhalt „Für ein Leben“
Das Buch zeigt nicht nur die Geschichte dieser beiden Frauen, sondern es zeigt auch ein Stück Zeitgeschichte. Fast schon episodenhaft erzählt der Autor über die Menschen, die im Leben der zwei Frauen eine Rolle spielen.
Beginnend mit der Zeit nach dem ersten Weltkrieg, Susanne und Michael lernten sich in Paris kennen und zogen als Blumenkinder oder Hippies durch die Welt, bis sie sich in Mexico niederließen. Nikisha wuchs zwischen Ahram, Islam und Buddhismus, mit dem Wissen etwas Besonderes zu sein, glücklich auf.
„Wahrscheinlich bin ich mir bis heute nicht sicher, auf welche Seite ich eigentlich gehöre», sagte Niki traurig. «Bin ich nun ein Blumenkind oder die perfekte Ärztin? Wenn ich anderen helfe, bin ich irgendwie beides, wahrscheinlich gefällt es mir deswegen.» “
Auszug aus: Woelk, Ulrich. „Für ein Leben.“
Als Lu 15 Jahre ist, stirbt ihre Mutter. Ihr Vater Herbert überwindet das nicht. Lu zieht sich mehr oder weniger selbst groß und sucht sich Männer als Bezugspersonen.
„Lu dachte daran, dass seine Wohnung, im Gegensatz zu der ihres Vaters oder eben auch Hans Krols, aufgeräumt, hell und sauber gewesen war, obwohl er doch anscheinend – genau wusste sie es ja nicht – als Mann ebenfalls allein lebte. Seine Freundlichkeit hatte sie damals verwirrt, und manchmal wünschte sie sich, sie hätte an jenem Abend nicht seinen Penis gesehen.“
Auszug aus: Woelk, Ulrich. „Für ein Leben.“
Die LeserInnen lernen Nikisha, Lu, Vic, Clemens und deren Beziehungsgeflechte kennen. Gleichzeitig verwebt der Autor die Erlebnisse seiner Protagonisten mit dem Zeitgeschehen der letzten fünfzig Jahre.
Worum geht es in „Für ein Leben“?
Es geht um Erwartungen, die man an das Leben hat. Inwieweit spielt unsere Kindheit, unser individuelle Geschichte eine Rolle? Kann man Lebensentwürfe einfach ändern?
Welche Rolle spielt Sexualität in unserem Leben? Wie sehr beeinflusst sie unsere Entscheidungen? Haben sexuelle Gefühle mehr Kraft als Wertvorstellungen?
„Und auf einmal war es, als empfinde ihr Körper jede Berührung überall, als bestünde kein Unterschied mehr zwischen einzelnen «Zonen», alles war miteinander verbunden: ihre Haare, ihr Nacken, ihre Ohrläppchen, ihre Zehen, ihr Bauch, ihre Schulterblätter, ihre Schenkel, ihr Schoß – alles war eins.“
Auszug aus: Woelk, Ulrich. „Für ein Leben.“
Auch die Rolle des Individuums und der Gesellschaft werden ein wenig näher betrachtet.
Fazit/kritik „Für ein Leben“
Ulrich Woelk präsentiert uns viel „Leben“ auf 600 Seiten, die mit Lesebändchen ausgestattet sind. Wir marschieren durch die Zeitgeschichte und viele Klischees werden bedient, von den Blumenkindern, zu den Datschas und der Freikörperkultur der DDR. Eine typische Frau aus Osteuropa. Gefangenenaustausch mit der DDR. Kindheit im Internat, die bleibende psychische Schäden hinterlässt. Das Leben eines Schriftstellers und sein Kampf mit dem zweiten Buch. Eine postnatale Depression. Homosexualität von Männern und von Frauen. Pornofilme und das Geschäft mit Pornofilmen. Der Glaube und der Aberglaube in Lourdes.
Das ist nur ein Teil der behandelten Themen. Und zwischen dem ganzen Geschehen kann man vielleicht die Suche erkennen, was ist eigentlich Liebe? Was zieht uns zueinander hin. Was hält uns beieinander. Was trennt uns wieder?
Ehrlich gesagt, kann ich nicht wirklich sagen, ob mir das Buch gefällt oder nicht! Vielleicht so viel: Ich kann mich nicht gut auf das Buch einlassen, weil es mir „Ein Zu Viel Ist“. Ich glaube, das fällt mir schwer, emotional mitzugehen.
Mir wäre etwas weniger lieber gewesen. Alle haben ein besonderes Schicksal, wodurch das einzelne an Bedeutung verliert. Wo sind die einigermaßen durchschnittlichen Menschen, die heterosexuell ihrer Arbeit nachgehen und eine durchschnittlich liebevolle Kindheit hatten, ohne Vater oder Mutter zu verlieren?
Zum Autor Ulrich Woelk
Ulrich Woelk hat Philosophie und Physik studiert. Sein erster Roman „Der Sommer meiner Mutter“ war auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. „Für ein Leben“ erhielt den Alfred-Döblin-Preis.
Links zum Buch
Ch. Beck Verlag