Buchrezension »Der Report der Magd« Margaret Atwood

Der Leser erfährt die Geschichte Desfreds, die sie uns selbst erzählt. Sie ist eine der fruchtbaren Frauen, und ihre Aufgabe ist es, für den Kommandanten und dessen unfruchtbare Frau Serena Joy, ein Baby zu empfangen und auszutragen.

»Selig sei die Frucht“

„Möge Gott uns öffnen“

(Der Report der Magd)

»Der Report der Magd« von Margaret Atwood wurde schon 1985 unter dem Originaltitel »The Handmaid’s Tale« veröffentlicht. Volker Schlöndorf verfilmte den Stoff unter dem Titel »Der Bericht der Dienerin«, das Hörbuch erschien 2017 und wird von Vera Teltz und Charles Rettinghaus gesprochen, seit 2017 läuft die Fernsehserie »The Handmaid’s Tale und 2019 erschien das gleichnamige Graphic Novel von Renee Nault.

Also wie du siehst, ist dieser Stoff hochinteressant und vielleicht aktueller denn je. Ich muss leider gestehen, dass »Der Report der Magd« das erste Buch ist, dass ich von der kanadischen Autorin gelesen habe.

Nun habe ich mich ein wenig mit den schon genannten Formaten des Stoffs »Der Report der Magd« auseinandergesetzt. Der erste Teil befasst sich mit dem Buch und dem Hörbuch. Der zweite Teil befasst sich mit dem Graphic Novel. Der dritte Teil mit Volker Schlöndorfs Film und der TV-Serie »The Handmaid’s Tale. Danach werde ich mich mit dem 2017 erschienen zweiten Teil „Die Dienerinnen“ beschäftigen.

Zu Margaret Atwood

Wenn man die Liste der Preise und Ehrungen der kanadischen Schriftstellerin liest, kann es einem wirklich schummrig werden. Ich will nur einige erwähnen:
2017: Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Im Jahr 2016 erhielt Atwood einen National Book Critics Circle Award für ihr Lebenswerk.
Sie wurde in die Science Fiction Hall of Fame aufgenommen. Den Booker Prize, den Franz-Kafka-Preis, den Prinz-von-Asturien-Preis und wahrscheinlich noch zahlreiche andere.

Margaret Atwoods Roman „Der Report der Magd“ wurde zum Kult. Die 1939 geborene kanadische Schriftstellerin ist politisch aufmerksam und schaut kritisch hinter die Fassade.

»Der Report der Magd« ist ein moderner, immer noch aktueller Text, der sich gesellschaftspolitisch mit der Stellung der Frau auseinandersetzt. Das ist ein Lieblingsthema von Margaret Atwood. Genauso wichtig ist ihr die Klimakrise. Die Schriftstellerin hält den Ausdruck Klimawandel für einen Euphemismus, der den Tatbestand verharmlost.

Bei der Recherche stieß ich auf das Buch „Margaret Atwood – Aus dem Wald herausfinden“ in dem sie Rede und Antwort über ihr Werk steht. Sie erklärt, was sie bei einem Sciencefiction am meisten interessiert:

  • Wie funktioniert eine neue Technologie genau?
  • Was verändert sich dadurch wirklich?
  • Wie verhalten sich Menschen in einer politischen Extremsituation? Diese drei Fragen begleiten auch „Der Report der Magd“.

Margaret Atwood wurde 2019 achtzig Jahre alt. Sie hatte Literatur und englische Sprache u. a. in Harvard studiert. Danach unterrichtete sie als Literaturwissenschaftlerin an unterschiedlichen Universitäten in mehreren Staaten.

Margaret Atwood
„Lebe lang und in Frieden“

Margaret Atwood – aus dem Wald herausfinden
Ein Gespräch mit Caspar Schaller

Aus der Reihe Kampa Salon des Kampaverlages. Das Gespräch mit Caspar Schaller findet 2018 in einem Café in Toronto statt.(Interview für den Feuilleton der Zeit.)  

Das Titelbild für das Buch aus dem Kampa Verlag zeigt Margaret Atwood. Sie entbietet den Lesern den Gruß der Vulkanier:

„Lebe lang und in Frieden!“

Der Stoff »Der Report der Magd«

Der Weltenbau

„Der Report der Magd“ spielt in einer nicht weit entfernten Zeit in der Republik Gilead, früher die Vereinigten Staaten von Amerika. Gilead ist eine theokratische Diktatur, die den Frauen sämtliche Rechte abspricht. Frauen verfügen über kein Eigentum, sondern was sie haben oder hatten, fällt an den nächsten männlichen Verwandten. Frauen sind grundsätzlich Hausfrauen, die Kinder gebären sollen. Die Rollen in der Gesellschaft sind eindeutig festgelegt. Alles wird durch Polizei und Geheimagenten kontrolliert. 

Die Söhne Jakobs, die neuen Machthaber berufen sich auf christlich-biblische Texte. Die Menschen müssen sich entsprechend ihrer nun zugeteilten sozialen Funktionen kleiden. Jeder sieht sofort, welche Stellung der Einzelne für die Gesellschaft Gileads hat. Das Ziel ist es, die Reproduktionsrate der Menschen zu erhöhen, nachdem viele Menschen durch die begangenen Umweltsünden steril wurden. 

Die Gesetze unterscheiden zwischen Geschlecht, Aufgabe und der gesellschaftlichen Stellung. Grundsätzlich hat sich die Frau dem Manne unterzuordnen. Männer tragen Uniformen.

Frauen, die rot tragen sind aufgrund ihrer Fruchtbarkeit Mägde und sind Allgemein Eigentum. Dafür gibt es Brandzeichen. Die Ehefrauen sind in der Hierarchie innerhalb der Frauen am höchsten angesiedelt. Am untersten Ende stehen die Unfrauen und die Jezebels, die in „nicht vorhandenen Clubs“ für das Amüsement der Kommandanten des Glaubens stehen. 

Der Report der Magd Connie Ruoff

„Diejenigen, die sich streng an diesen uralten Text, die Bibel halten wollen, benutzen ihn oft, um ihren Willen durchzusetzen. Sie haben keine Zeit für private Glaubensausübung oder Mystisches. Gilead ist ein Regime von humorlosen Faschisten, die alles wortwörtlich nehmen.“ Seite 67 aus „Margaret Atwood – Aus dem Wald herausfinden“.

Zum Inhalt „Der Report der Magd“

Von Desfreds Vorleben erfahren wir in Rückblenden. Desfred ist nicht ihr wirklicher Name, der wurde ihr aberkannt. Desfred bedeutet, dass sie Eigentum off Fred, oder des Fred ist. Sie hat insofern keinen Eigenwert und auch keinen eigenen Namen.

Es gibt Hinweise darauf, dass der Name der Protagonistin June war, als es noch die Vereinigten Staaten gab. Näheres kann man in Wikipedia nachlesen. Ich werde sie weiterhin Desfred nennen, weil man schon an diesen Namen erkennen kann, wie ungeheuerlich menschenverachtend, sexistisch und objektivierend dieses System ist.

Desfred lebt nun im Haushalt des Kommandanten und seiner Frau Serena Joy. Das Zusammensein zum Zweck der Zeugung unterliegt strengen Vorgaben und hat nichts mit Liebe zu tun. Ja selbst das Wort Sex trifft dieses Konstrukt bei weitem nicht. Anwesend sind dabei Serena Joy, der Kommandant und Desfred.

Grundsätzlich sind die Frauen für die Unfruchtbarkeit verantwortlich. Nachdem Desfred nicht schwanger wird, arrangiert Serena Joy, geheime Treffen zwischen Nick, dem Chauffeur des Kommandanten und Desfred, weil sie vermutet, dass es nicht an Desfred, sondern am Kommandanten liegt. Nick soll als Samenspender fungieren. Ein Unterfangen, das mit dem Tode bestraft wird.

Im vorigen Leben war Desfred mit Luke verheiratet und die beiden hatten eine Tochtet. Bei einem Fluchtversuch aus Gilead wurden sie getrennt. 

Der Leser erfährt nicht, wie Desfreds Schicksal weiter geht. Margaret Atwood lässt das Ende offen. Wir erfahren nur, dass es einige Jahre später keine Republik Gilead mehr gibt, aber nicht wann oder warum.

Der Report der Magd Graphic Novel 1

Das Graphic Novel „Der Report der Magd“ von Renée Nault

Der Stoff wurde von Renée Nault in Zusammenarbeit mit Margaret Atwood adaptiert, von Ebi Naumann übersetzt und das Lettering ist von Jennifer Lum.
Renée Nault vermittelt mit ihren mit Farben akzentuierenden Zeichnungen, fast schon schmerzhaft dem Leser die Atmosphäre. Diese Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein ist greifbar.

Der Report der Magd Graphic Novel Schwarz weiß

Auch die Zeichnung der „Tanten“ in ihrer fehlenden Individualität und dieser fast schon festgewachsenen Brille lässt viel Interpretationsspielraum.

Kurz und gut. Das Graphic Novel ist sehr empfehlenswert, weil es den Charakter des Originals trägt.

Das Hörbuch „Der Report der Magd“

Das Hörbuch wird von Vera Teitz gesprochen, mit einem kurzen Einsatz von Charles Rettinghaus. Vera Teitz spricht gefühlvoll und füllt das „Ich“ des Buchs mit Leben. Sie macht das sehr gut.

Das Hörbuch erschien am 10.10.2017 bei Osterworld Audio und hat eine Länge von 11 Stunden und 58 Minuten.

Volker Schlöndorf verfilmte den Stoff unter dem Titel »Der Bericht der Dienerin«

Ich habe mir den Film angeschauen und war enttäuscht. Im Film hat das „Ich“ des Buchs den Namen Kate. Der Kommandant Fred und die Ehefrau heißt wie im Buch Serena. Aber nicht nur das unterscheidet sich vom Buch. Im Buch wird vollkommen klar, dass die Mägde keine Individualität besitzen dürfen, schon die Namen, Desfred, Des-je-nach-Mann zeigen das. Das macht vollkommen das Rechtsverständnis klar. Mägde sind Besitz.

Auch die weißen Scheuklappen fehlen im Film. Der Film stellt die Geschichte weitaus harmloser dar.

Besetzung
Natasha Richardson: Kate / Offred Faye Dunaway: Serena Joy Robert Duvall: Kommandant Fred Aidan Quinn: Nick Elizabeth McGovern: Moira Victoria Tennant: „Tante Lydia“ Blanche Baker: Ofglen Traci Lind: Janine / Ofwarren Lucia Hartpeng: Cora Lucille McIntyre: RitaFilmdaten
Deutscher Titel
Die Geschichte der Dienerin
Originaltitel
The Handmaid’s Tale
Produktionsland
Länge
108 Minuten
Altersfreigabe
FSK 16[1]
Wikipedia entnommen
Der Report der Magd - Margaret Atwood - Aus dem Wald herausfinden

Fazit »Der Report der Magd«

Margaret Atwood erzählt uns eigentlich nichts wirklich Neues. Gerade die historische Geschichte der Stellung der Frau, hatte viele Elemente, die im Buch verwendet werden. Es ist gar nicht solange her, als die Frauen über kein Eigentum verfügten, sondern die männlichen Verwandten als Haushaltsvorstand agierten. Selbst in „Verbrechen und Strafe“ von Fjodor Dostojewski wurde das thematisiert und dabei handelt es sich um keine Dystopie. Vielleicht erschreckt „Der Report der Magd“ aus diesem Grund so sehr.

Am schlimmsten finde ich die Kleidung der Mägde, die sozusagen mit Scheuklappen durch die Gegend laufen und nur diese Kleidung, keine Kosmetika, und vor allem nichts, was nur die Möglichkeit einer Ablenkung bieten könnte, besitzen. Sie besitzen

N I C H T S

Und langeweilen sich den ganzen Tag. Sie sind isoliert und haben keine sozialen Kontakte. Es ist ihnen bewusst, dass jeder Andere sie bespitzeln könnte.

Mein Magen verkrampft sich bei der Vorstellung, in so einer Welt zu leben. Nicht lesen zu dürfen. Mich Männer unterzuordnen, nur aufgrund dessen, dass sie „das Geschlecht mit Penis“ sind. Das macht mir richtig Angst. Ich liebe Dystopien, weil sie uns zeigen, wie wunderbar Demokratien sind, auch wenn sie ihre Fehler besitzen. Ich halte es mit Winston Churchill

„Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen, mit Ausnahme aller anderen.“

Das Hörbuch und das Graphic Novel gefallen mir sehr gut. Den Film von Volker Schlöndorff finde ich nicht sehr gelungen. Die Serie schaue ich gerade, aber ich schaue höchsten 3 Folgen die Woche, deswegen werde ich die Serie getrennt rezensieren. Aber für mich ist die Serie weitaus näher am Original als der Film.


Links und weitere Rezensionen

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Connie Ruoff

Mein Name ist Connie Ruoff, ich bin 1960 geboren, habe Philosophie und Germanistik studiert. Damit mir zu Hause nicht langweilig wird, studiere ich"Bloggen professionell gemacht" in der Fernakademie. Ich lese alles, was ich finden kann.

3 Kommentare zu „„Der Report der Magd“ Margaret Atwood (Rezension)“

  1. Benutzerbild von Nein

    Liebe Leser und Leserinnen,
    Ich bin ein Schüler der 11.Klasse derzeit behandeln wir den Graphik Novel Den Report der Magd . Ich bin aus Zufall auf diesen Blog gestoßen und musste sagen er war sehr interessant und informativ. Ich habe viel Neues über einerseits die Autorin Margaret Atwood erfahren aber auch über andere Themen die entweder in ihrem Graphik Novel behandelt werden oder grundsätzliche Meinungen und Eigenschaften ihrer Persönlichkeit. In naher Zukunft werde ich mir Verfilmung dieses Buches anschauen und mich trotz der schlechten Bewertung nicht davon beeinflussen lassen.
    Tschau tschau

    1. Benutzerbild von Connie Ruoff

      Hallo Nein!
      Vielen Dank für den Kommentar! Ich kann Magaret Atwood generell und auch das Graphic Novel dazu herzlich empfehlen, weil es einfach eine ganz andere Perspektive zeigt, der man sich nicht verschließen sollte.
      Grüße aus Taunusstein
      Connie

  2. Pingback: "Die Zeuginnen" Margaret Atwood | Dystopien | SCHREIBBLOGG 2020

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