4.5/5 Der Reisende Ondřej Cikán Fester Einband: 384 Seiten Erschienen bei edition a, 03.03.2017 ISBN 9783990012062 Genre: Science-Fiction

Buchvorstellung „Der Reisende“ von Ondřej Cikán

Klappentext:

„Ein postapokalyptischer Roman über Liebe und Angst. Viele Jahre nach einem verheerenden Atomkrieg, der selbst die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt hat, bilden die wenigen Überlebenden wieder Städte und Völker. Blutrünstige Ungeheuer treiben ihr Unwesen im ewigen Winter. In dieser Welt erwacht Herman, lang nach seinem Tod, wieder zum Leben. Ein selbsternannter Gott hat ihn mit übernatürlichen Mutationen ausgestattet, um ihn auf eine gefährliche Mission zu entsenden. Bloß Erinnerungen an Liebe, die er in seinem früheren Leben einmal kannte, geben Herman noch das Gefühl, ein Mensch zu sein. Und als er erkennt, dass die Welt erneut am Abgrund steht, muss er sich entscheiden, wem er dienen will: seinem Herrn oder seinem Gewissen.“

Band 1: Du bist die Finsternis

Mein Eindruck: „Der Reisende“

Wow! Tolles Cover! Zuerst dachte ich, es könnte den Eingang zur Unterwelt oder das Orakel darstellen. Aber nein, bei genauem Hinsehen, erkennt man einen Baum mit dicken Wurzeln, dessen Krone brennt. Es erinnert an einen Atompilz. Das Buch ist hochwertig gemacht, mit Umschlag, gebunden in Leinen. Alle Teilnehmer der Leserunde bekamen eine persönliche Widmung vom Autor, der aktiv mitmachte und manches erklärte. Ich bin überwältigt von den Bildern, die der Autor entstehen lässt. Der Leser lernt Herman kennen, der in den ersten Kapiteln noch keine Seele hat oder sich im Labyrinth befindet. Das Innere Hermans wird im Schreibstil des Autors abgebildet. Ich fühle mich als Leser genauso unsicher und suche meinen Weg, genauso wie Herman. Herman spricht mit blubbernden Erinnerungen einer Welt, die es nicht mehr gibt. Begriffe, Kategorien, die wir bislang benutzen, gibt es nicht mehr. Naturgesetze gelten nicht mehr. Hermans größter Wunsch ist es, seine Frau und seine Tochter wiederzusehen. Hermann als wiederbelebter Mutant, verheiratet mit dem Tod, der zu ihm spricht: “Ich kann alles für dich sein, nur sterben lassen kann ich dich nicht“, S. 44. Der Autor arbeitet mit mythischen Vergleichen, wie den Fluss in die Unterwelt, bewacht von Kerberos, der voll putzig dargestellt wird. Der Fährmann, der die Toten bzw. die Seelen bringt. Dass zum Wiederbeleben, dem Körper eine Seele beigegeben wird, ergreift das Problem Leib/Seele Dualismus. Es geht um postapokalyptische Krieger, die Reisende genannt werden. Ich finde diese Gedankenwelt faszinierend. Ich glaube, man sollte es, als eine Variation des absurden Theaters sehen. Vielleicht ist Krieg an sich schon absurd. Im zweiten Teil „Der Reisende“ändert sich der Schreibstil des Menschen Autors. Die Verrohung des Menschen bzw. von Herman lässt sich anhand des Sprachstils nachvollziehen. Hermans Entwicklung des Ichbewusstseins, ist verbunden mit Schuld. Er beginnt, seine Handlungen zu reflektieren. Die Suche nach dem Baum der Erkenntnis nimmt ihren Lauf. Herman versucht wie ein Kleinkind, den Unterschied zwischen gut und böse herauszufinden. Bis er soweit ist, sich zu fragen, welchem Herrn er dienen mag.

Fazit „Der Reisende“

Ich finde, das Buch nicht einfach zu lesen. Der Leser muss sich auf Gefühle, Träume und Ängste einlassen. Er muss Bilder wirken lassen, die nicht einfach ist. Dem Autor gelingt es, beim Leser die gleichen Emotionen hervorzurufen, die Herman in dieser Grenzsituation empfindet. Es scheint so, als ob Andrej Cikán beim Leser, wie in der Antike, während der Aufführung eines Trauerspiels, eine Katharsis, eine Läuterung der Seele, erreichen möchte. Ich bin gespannt, wie es im zweiten Teil weitergeht. Ich vergebe 4,5 von 5 Punkten. Den Abzug eines halben Punktes mache ich, weil die gezeichneten Bilder ohne den Hintergrund von Mythologie und Philosophie schwer einzuordnen sind.

Wohin?

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Connie Ruoff

Mein Name ist Connie Ruoff, ich bin 1960 geboren, habe Philosophie und Germanistik studiert. Damit mir zu Hause nicht langweilig wird, studiere ich"Bloggen professionell gemacht" in der Fernakademie. Ich lese alles, was ich finden kann.

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